Online November 2015

    Willkommen in Lage-Hörste

    Willkommen in Lage-Hörste

    Zeichnung eines syrischen Kindes Bundespolizei/Zeichnung eines syrischen Kindes d+p On November Titel

    ver.di-Bildungsstätte bis Jahresende in Betrieb / Stadt will Haus für Flüchtlinge nutzen.

    Im Heinrich-Hansen-Haus  sind Gäste stets willkommen. Noch bis zum Jahresende treffen sich Gewerkschafter und Betriebsräte in der ver.di-Bildungsstätte in Lage-Hörste zu Seminaren. Künftig könnten dort Flüchtlinge eine vorübergehende Bleibe finden. Nach Plänen von Lokalpolitikern soll das Haus als Erstaufnahme-Unterkunft genutzt werden.

    Die Unterbringung der vielen Schutzsuchenden stellt Städte und Landkreise überall vor große Herausforderungen. So auch Lage. Das Städtchen in Ostwestfalen muss bis zum Februar rund 300 Flüchtlinge unterbringen. Der »Druck auf dem Kessel« sei extrem hoch, so Bürgermeister Christian Liebrecht. Daher versuchen die Stadt und der zuständige Regierungsbezirk Detmold, die Bildungsstätte in Lage-Hörste zu einer Notunterkunft für Asylsuchende umzufunktionieren. Zuvor hatte der ver.di-Bundeskongress deren Schließung zum Jahresende bestätigt.

    Die Bezirksregierung sei angesichts des hohen Bedarfs daran interessiert, das Haus möglichst bald als Notunterkunft zu nutzen, heißt es auf Anfrage gegenüber DRUCK+PAPIER. Frank Werneke, stellvertretender ver.di-Vorsitzender, bestätigt, dass die Stadt eine Kaufanfrage übermittelt hat und das Haus bereits am 27. November übernehmen wollte. Das habe die Vermögensverwaltung der Gewerkschaft »aus verschiedenen Gründen« abgelehnt – auch, weil der Seminarbetrieb nicht vorzeitig beendet werden sollte.

    Bereits zwei Mal haben Vertreter der Stadt, der Feuerwehr und der Brandschutzstelle des Kreises das Haus besichtigt. Der ver.di-Gewerkschaftsrat hatte den Schließungsbeschluss vor allem damit begründet, dass mindestens 3,5 Millionen Euro für Brandschutzmaßnahmen investiert werden müssten. Kritiker hatten diese Summe stets bestritten. Welche Rolle der Brandschutz bei einer möglichen Umwandlung in eine Flüchtlingsunterkunft spielt, ist unklar. Neuerdings kann bei dringend benötigten Unterkünften zeitweise von den Bauvorschriften abgewichen werden.

    Die rund 25 Beschäftigten der Bildungsstätte waren von den Besichtigungen und einer möglichen früheren Schließung dem Vernehmen nach irritiert. Nun hat die ver.di-Immobilienverwaltung jedoch klar gestellt, dass der Seminarbetrieb wie geplant bis Mitte Dezember weiter läuft. Derzeit laufen Verhandlungen über einen Sozialplan.

    Dagegen, dass das Haus danach zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt wird, haben die Beschäftigten nichts einzuwenden – ganz im Gegenteil. Sie würden, so heißt es, im diesem Fall  für eine möglichst rasche Übergabe sorgen.

    »Das Haus wäre eine gute Unterkunft für Flüchtlinge«, ist auch Stephie Karger vom Verein »Freunde und Förderer der Bildungsstätte Lage-Hörste« überzeugt. Dies könne sogar eine Chance sein, dass einige Beschäftigte ihren Job dort behalten. Karger bleibt tief enttäuscht über die Entscheidung des ver.di-Bundeskongresses. »Wir haben ein tragfähiges Finanzierungskonzept vorgelegt. Leider haben die meisten Delegierten das gar nicht ernsthaft in Betracht gezogen.«        

    DANIEL BEHRUZI