Ausgabe 6/2014

    Oscar-Gewinner stehen auf Papier aus Gmund

    Oscar-Gewinner stehen auf Papier aus Gmund

    Kontrollblick auf eine der dr ei Wasserturbinen zur Energieerzeugung Gmund.com Kontrollblick auf eine der drei Wasserturbinen zur Energieerzeugung

    Von Ulla Lessmann

    Hochwertiges, schönes Papier kennt keine Absatzsorgen: Die Büttenpapierfabrik Gmund im gleichnamigen Ort am Tegernsee konzentriert sich seit Jahrzehnten auf die Marktnische für feinste, häufig individuell für Kunden entwickelte Papiere und verkauft sie in alle Welt. Die seit Generationen in Familienbesitz geführte Fabrik von 1829 setzt zudem auf umweltfreundliche, ressourcenschonende Produktion und nachhaltigen Energieverbrauch.

    »Die Vorstellung, dass Leonardo di Caprio oder George Clooney während der Filmfestspiele in Cannes Einladungen aus unserem Papier in den Händen halten, die hat schon was«, schmunzelt Caroline Pastor, PR-Frau von Gmund. Und wenn bei der Oscar-Verleihung der Bogen mit dem Namen des Gewinners – »The Winner is ...« – aus einem goldenen Umschlag gezogen wird, kommt auch dieses Edelprodukt von den oberbayerischen Papiermachern. Der international renommierte Designer Marc Friedland, auf VIP-Einladungen und -Events spezialisiert, kennt Gmund-Papier, das zu 75 Prozent exportiert wird, und sorgte für den Zuschlag in Cannes und Los Angeles. Für den Oscar-Umschlag entwickelten die Gmunder ein goldenes Papier (ohne echtes Gold), dessen Mikroprägung dafür sorgt, dass sich in seiner Tiefenstruktur das Licht bricht – faszinierend edel, aber nicht aufdringlich.

    Einst eine Sensation ...
    An der Mangfall, die im Tegernsee entspringt und in den Inn bei Rosenheim mündet, hat Papierproduktion Tradition, im Gmunder Nachbarort Luisental werden mit fast 1.000 Beschäftigten Geldscheine hergestellt. Johann Nepomuk Haas hieß 1829 der Gründer der Büttenpapierfabrik, ihm folgte 1854 Gregor Fichtner, der die erste Papiermaschine vom Jahrgang 1883 kaufte. »Das war im Tal eine Sensation, als das riesige Ungeheuer 1886 hier ankam«, erzählt Pastor. Das Monstrum ist immer noch funktionstüchtig und damit die älteste noch laufende Papiermaschine Europas. 1904 übernahm Ludwig Alois Kohler die Fabrik: der Urgroßonkel des jetzigen alleinigen Geschäftsführers Florian Kohler. Dass der Neffe von Ludwig Alois sein Nachfolger wurde, hat einen grausigen Grund: 1921 blieb Ludwig Alois Kohler mit seinem Lodenmantel in der Maschine hängen und starb bei dem Unglück – inzwischen ist sie natürlich gesichert und niemand läuft mehr in einem Mantel an der Maschine entlang. Diese Maschine, für die die hauseigene Schlosserei permanent Ersatzteile baut, läuft für Papier in dunkleren Farben und aus Baumwollfasern. Die zweite Maschine von 1979 bekam 2013 neue Antriebe, die für 25 Prozent Energieeinsparung sorgen. Umweltschutz ist in der Papierindustrie ein großes Thema, in Gmund sieht man sich als ökologischer Vorreiter: Eine derzeit noch weltweit einmalige Ozon-Wasserreinigungsanlage sorgt dafür, dass das für die Produktion gebrauchte Wasser bis zu sieben Mal wieder verwendet werden kann; das hat den Wasserverbrauch um 70 Prozentgesenkt. Drei eigene Wasserturbinen werden von der teilweise unter der Fabrik fließenden Mangfall angetrieben. Neben Solaranlagengehört auch eine hoch energieeffiziente Kraft-Wärme-Kopplung zum Ökokonzept. Pastor: »Und wir kaufen ausschließlich Zellstoff aus garantiert nachhaltig bewirtschafteten Wäldern, deren Bäume wieder aufgeforstet werden.« Ludwig Maximilian Kohler, der Vater des aktuellen Chefs, war es, der die Produktion im Mangfalltal schließlich auf die Marktnische für feine, hochwertige Papiere konzentrierte.
    Gmund bietet 100.000 verschiedene Papiervarianten, hat etwa 30 Kollektionen im Angebot und entwickelt permanent neue. Zum Beispiel »Urban«, kürzlich in München vorgestellt, mit den Sorten »Zement«, »Architekt« und »Brasilia«, Papier aus hochwertiger Faser, die für »Zement« mit Steinstaub aus einem österreichischen Steinbruch verarbeitet wurde, aus dem auch die Golden Gate Bridge in San Francisco beliefert wird. »Materialität in Papier war das Ziel«, sagt Caroline Pastor. »Urban« wurde gemeinsam mit »Römerturm«, Feinstpapieren aus Frechen bei Köln, entwickelt. Das kreative Team in Gmund mit den Mitarbeitern im Labor, im Marketing und an der Maschine holt sich regelmäßig Partner ins innovative Boot: Für »Lakepaper«, eine hundertprozentige Tochter von Gmund für etwas kostengünstigeres Geschäftspapier, beispielsweise das Hamburger Designteam »Paperlux«.Ganz neu ist auch durchgefärbtes Neonpapier, bislang laut Pastor»weltweit einmalig«. Patentiert ist auch das »Lakepaper«-Papier »Blocker«, das ab 100 Gramm/m2 lichtundurchlässig ist. Gmundgeht es mit diesem Konzept branchenuntypisch sehr gut: 125 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten hier, teilweise schon in vierter Generation. Das sind zehn Prozent mehr als vor fünf Jahren, drei Auszubildende sind darunter. Man arbeitet im Dreischichtbetrieb und der Betriebsrat muss sich vor allem mit dem steigenden Bedarf an Mehrarbeit beschäftigen.

    Papier von Gmund Gmund.com Papier von Gmund

    ... heute nachhaltig
    »Papierberater« möchte man in Gmund sein, sagt PR-Frau Pastor.»Wir entwickeln für unsere Kunden individuell die passenden Papiere für ihre Geschäftsberichte, Imagebroschüren, Musterbücher.« So ließ BMW für die Produktbroschüre für seinen Sportwagen i8 extra ein Papier entwickeln, das mit 50 Prozent Strom aus Wasserkraft produziert wird. Seit 2008 kann man auch als Normalmensch und Liebhaber schönen Papiers in der fabrikeigenen Boutique einkaufen. Oder einfach online auf der gerade überarbeiteten Homepage.

    Informationen, Lesezeichen, Dirndlbücher, Paperpacks oder Grußkarten – alles unter: www.gmund.com